Die Politik war ihm nicht in die Wiege gelegt. Im Gegenteil: Ulrich Meyenborg war ein „Spätberufener“. Zunächst machte er eine Berufsausbildung zum Chemielaboranten und wurde später Chemotechniker. An der Pädagogischen Hochschule in Kiel absolvierte er ein Studium und war von 1977 bis 1983 Realschullehrer in Lübeck. Ein überaus beliebter und geschätzter Lehrer; noch Jahrzehnte später hielten ehemalige Schüler:innen Kontakt, fragten um seinen Rat.
In seinem Stadtteil lag manches im Argen, darum kümmerte er sich; so kam er zur SPD, wurde nach viel Arbeit in der zweiten Reihe Vorsitzender des Ortsvereins Dänischburg und 1978 Mitglied der Lübecker Bürgerschaft. Er wurde in den Vorstand der SPD Lübeck gewählt und avancierte zum stellvertretenden Vorsitzenden der Bürgerschaftsfraktion. Neben der Bildungs- und Schulpolitik rückte die Umweltpolitik immer mehr ins Zentrum seines Wirkens; als umweltpolitischer Sprecher lag ihm die Zukunft der natürlichen Lebensgrundlagen am Herzen. Als ehemaliger Mitarbeiter von Villeroy & Boch, der den Niedergang der Industrie in „Transtravien“ – wie der Norden in der SPD genannt wurde – hautnah erlebt hatte, wollte er Arbeitsplätze erhalten und schaffen. Er war schon früh überzeugt, dass beides geht: Umwelt erhalten und zukunftsfähige Arbeit schaffen. Eine Herausforderung, die heute größer denn je ist. Auch hier war Ulrich Meyenborg ein Vordenker in der SPD.
Jahrelang engagierte er sich für die Schaffung eines Umweltdezernats. Was sich heute banal anhört, war damals Gegenstand langer, erbitterter Streitigkeiten in der Lübecker Bürgerschaft. Konservative Kräfte bekämpften das Vorhaben energisch.
Mit einer Kandidatur für den Landtag entschied sich Ulrich Meyenborg für die berufsmäßige Politikausübung, erzielte in seinem Wahlkreis beste Wahlergebnisse und konnte von 1983 bis 1990 mit breitem Kreuz in die Landeshauptstadt fahren. Hier durfte er an der Seite Björn Engholms an der Wandlung der SPD von der „ewigen Opposition“ zur führenden Kraft mitwirken – auch für Ulrich Meyenborg beglückende Jahre. Er wurde stellvertretender Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion und blieb seinen Themen treu: Bildung, Umwelt. In Lübeck war er von 1989 bis 1992 Vorsitzender des SPD-Kreisverbandes.
Und wie so viele Lübecker:innen zog es auch ihn nach einiger Zeit in die Hansestadt zurück. Er bewarb sich 1990 um das Amt des Senators für Jugend, Kultur und Bildung und wurde gewählt. In seinen zwei Wahlperioden wurde Vieles geschaffen, das auf immer mit seinem Namen verbunden bleibt: Die drei Nobelpreisträger erhielten je eine Heimstatt, die MuK wurde gebaut und Schulgebäudesaniert, das Theater erlebte künstlerische Höhepunkte, die Museen und die Nordischen Filmtage entwickelten sich.
In seinem Ruhestand ab 2002 widmete sich Ulrich Meyenborg, neben seinen Hühnern, vermehrt der Recherche und dem Schreiben. So arbeitete er unter anderem die Geschichte der Lübecker SPD von 1968–2003 auf oder verfasste eine Biografie des Sozialdemokraten Paul Bromme.
Nicht nur aufgrund seiner Körpergröße war Ulrich Meyenborg eine herausragende Persönlichkeit. Er blieb bodenständig und „den Leuten“ verbunden. Ihm ging es um praktische Lösungen, nicht um Ideologie. Wie als Lehrer war er als Politiker: Klar und bestimmt, aber empathisch.
Die Lübecker SPD trauert um Ulrich Meyenborg und ist in Gedanken bei seiner Familie.
Kreisvorsitzende: Sophia Schiebe und Jörn Puhle
Fraktionsvorsitzender: Peter Petereit